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Festnetztelefonie für die Krise ?!?

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    • Festnetztelefonie für die Krise ?!?

      Hallo Zusammen,

      ich brüte seit ein paar Tagen an einer neuen Idee. Im letzten Urlaub habe ich die traurigen Überreste von zwei öffentlichen Telefonen bewundern dürfen. Traurig deshalb, weil sie nicht mehr funktionieren. Und als dann die Nostalgie zuschlug haben wir im Gespräch festgestellt, dass Kommunikation mit Zuhause auf Klassenfahrt früher zwar nicht so einfach, aber wesentlich schwieriger zu unterbinden war als heute. Zu den Zeiten, zu denen alle 500m eine Telefonzelle zu stehen hatte, konnte halt der Lehrer nicht mal eben das Handy verbieten und fertig.

      Die gute alte analoge Kupferleitung hatte halt schon was, und brauchte auch relativ wenig Strom. Nachdem diese aber mittlerweile gründlich abgeschaltet ist und auch ISDN 2022 in Deutschland den Bach runter gegangen ist, hatte ich die Hoffnung auf ein relativ einfaches, krisensicheres Kommunikationsmittel das nicht Funk heisst schon fast aufgegeben. Bis ich dann auf DECT- Telefonanlagen gestossen bin.
      Die Dinger sind relativ günstig, ich habe welche für um die 50 Euronen gefunden, und ein Telefon gibts ab ca. 25. Strom brauchen die auch nicht wirklich viel. Vom rechtlichen Aspekt her dürften die ebenfalls problemfrei sein, werden ja immer noch in Firmen genutzt und auch verkauft. Das beste: Im Freien hat DECT eine angegebene Reichweite von 300m, die mit einem Repeater auf 600m erweitert werden kann, jeweils in eine Richtung. Um also in jede Richtung die volle Reichweite zu haben, bräuchte ich wahrscheinlich 8 Stück. Repeater an Repeater geht leider nicht, DECT braucht/hat eine Sterntopographie.
      Der Knackpunkt bei diesen Telefonanlagen ist, dass sie nicht zwingend ans Telefonnetz angeschlossen sein müssen, um ihre Dienste zu tun, ich kann interne Nummern zuweisen, und unter der Voraussetzung, dass etwas Strom vorhanden ist, kann ich "ganz normal" telefonieren, halt dann mit der "internen" Nummer, und ein Radius von 600m ist schonmal eine Ansage.
      Will ich den Radius erweitern, muss ich halt ein Kabel zu einer zweiten Zentrale/ Basisstation (Bestimmte FRITZ! Boxen gehen wohl auch) ziehen, kann dann aber eine Kreisfläche von ca. 2x1200m abdecken.

      Ich stelle mir sowas sehr nützlich in einem kleinen bis mittelgrossen Dorf in einem Langzeitszenario vor, denkbar wäre z.B. unter anderem eine Anbindung an die Dorfpolizei/Feuerwehr. Logisch, jeden Haushalt mit einem Telefon auszustatten dürfte auch aufm Dorf sehr (kosten)aufwendig sein, aber es reicht ja, wenn z.B. 10 "Knotenpunkte" in der Nachbarschaft über eins verfügen.

      Was denkt Ihr? Blödsinn? Nützlich? Kommt auf die Bedingungen an?

      LG vom Strahlemännchen, das seine Telefonzellen zurück haben will
      "Lasst uns an die Stelle von Zukunftsängsten das Vordenken und Vorausplanen setzen" - Winston Churchill
    • Moin Strahlemaennchen,

      rein technisch funktioniert das. Die Reichweite liegt aber nur auf direkte Sicht bei bis zu 300m. Realistisch sind es aus dem Haus raus eher 50m. Dazu kommt der relativ hohe Installationsaufwand. Wenn man das nicht schon vor einer Krise aufbaut, ist der Zeitaufwand beim Ausprobieren enorm hoch. Man wird wohl erst einmal wichtigere Themen haben.
      In meinen Augen ist PMR hier die bessere Lösung. Der Energieaufwand ist insgesamt geringer, die Reichweite höher (besonders, wenn man sich als Zentrale ein 2m/70cm Funkgerät aus dem Amateurfunk mit externer Antenne hinstellt - in normalen Zeiten nicht erlaubt aber im Notfall eine exorbitante Reichweitenerhöhung durch mehr Sendeleistung und eine um vielfaches bessere Antenne in besserer Höhe - 30€ Baofeng, 60€ Diamond X50 Antenne, 20€ Antennenkabel und Stecker) und nimmt man dann USB-ladefähige PMR Handfunkgeräte (15€) und Powerbanks (20€) als Set, um sie zu verteilen, sind diese auch an einer einzigen Solaranlage durch Austausch der Powerbanks dauerhaft nutzbar und absolut flexibel.
      Wenn man sich später in einer langanhaltenden Krise zeitlich auch wieder ein Fräulein vom Amt leisen kann, wäre es technisch auch möglich, die guten alten Kupferdrähte so zu verschalten, dass zumindest lokal wichtige Punkte wieder mit regulärem Telefon abzudecken sind. Das wäre dann aber eher etwas für den Profi.
    • Der große Vorteil an DECT-Telefonen ist, die sind sehr verbreitet. Und DECT-Handsets lassen sich ja normalerweise in jede DECT-Basis einbuchen. Wenn man sich da lokal aufstellen will, kann man sich also zum größten Teil auf die Basis-Infrastruktur konzentrieren. Große DECT-Netze werden ja z.B. auch erfolgreich in Unternehmen verwendet, das funktioniert sehr zuverlässig.
      Wenn du mehr Infos dazu haben willst, wie man große DECT-Netze betreibt könnten die Seiten von Eventphone eventuell hilfreich sein. Bzw. denke ich, dass die Leute da bestimmt auch gern bereit wäre, zu helfen, wenn man mal eine Frage hat. (eventphone.de/). Eventphone baut regelmäßig für Veranstaltungen aus dem CCC-Umfeld DECT-Netze auf, in die sich dann auch mehrere tausend Handsets einbuchen.

      Ein weiterer großer Vorteil von DECT gegenüber kabelgebundenen Telefonen ist natürlich, dass man nicht Kabel zu jedem Teilnehmer legen muss, sondern nur die DECT-Basen miteinander verbinden muss. Um letzteres zu vereinfachen würde ich vermutlich auf VoIP-Fähige DECT-Basen setzen. Denn sobald man sich nur noch um Paketvermittlung kümmern muss, eröffnen sich viele Möglichkeiten, wie man diese technisch leistet. Man kann auch ziemlich gut DSL über Feldkabel übertragen, mit entsprechenden Punkt-zu-Punkt DSL Modems. In einem Test unter nicht idealen Bedingungen (ein Schäfer hatte seine Schafherde leider in unsere Teststrecke bewegt, wodurch das Feldkabel teilweise auf der Erde lag) haben wir noch ~2mbit/s über 1km Feldkabel gehabt. Das reicht (bei 32kbit/s Halfduplex // 64kbit/s Fullduplex) immerhin für 31 gleichzeitige Telefonate.

      Also insgesamt finde ich die Idee, sich mit DECT-Telefonie zu beschäftigen wirklich gut.
    • Womit Du mir wohl ein neues Hobby beschert hättest. :D Zwar sicher nicht dieses Jahr weil viel zu tun, aber so ab nächstem werd ich wohl mal damit anfangen mir das näher anzuschauen. Die Infrastruktur scheint mir etwas komplizierter zu sein als nur "Zentrale plus Repeater", aber dafür deutlich leistungsfähiger, vor allem auch, was die potentielle Reichweite angeht. Und eben keine Raketentechnik. Ich finde es absolut genial was die Leute da mit relativ geringen Ressourcen auf die Beine stellen.

      An das Vorhandensein der Telefone an sich hatte ich ehrlich gesagt gar nicht gedacht. Dabei schwirren alleine bei uns im Haus zwei Generationen mit je 3 und 2 Stück davon rum, und so machts ja auch viel mehr Sinn. So müsste man halt "nur" die Netzwerkinfrastruktur bereitstellen, quasi bring- your- Fon. Gibts dazu eigentlich irgendwo sinnvolle Literatur?

      LG vom Strahlemännchen, das grad nochmal Danke sagt :thumbup:
      "Lasst uns an die Stelle von Zukunftsängsten das Vordenken und Vorausplanen setzen" - Winston Churchill
    • In dem Fall könntest Du Fritzboxen per WLan Richtfunkstrecke zu einem Mash verbinden und an jeder FB dann eine weitere DECT Station aufbauen. Alternativ geht das dann per LAN Kabel natürlich auch über Draht. Weiterer Vorteil: Auch Smartphones hätten Zugriff aufs Netzwerk und könnten sowohl Daten austauschen als auch per FritzPhone Software als Telefon im Netz genutzt werden.
    • borath schrieb:

      Gibt es denn Fritzboxen mit Antennenanschluss oder muss man basteln?
      Ich würde da eher richtige Richtfunk-AccessPoints verwenden, die auch für Point-to-Point WLAN ausgelegt sind. z.B. von Ubiquiti die Nanobeams/Nanostations oder ähnliche Produkte.

      Ich hab mit Nanobeams schon bereits einige Erfahrung gesammelt. Wir haben die Nanobeams als Punkt-zu-Punkt WLAN-Brücke eingerichtet und hinter die Nanobeams jeweils einen EdgeRouter X gesteckt. Auf dem EdgeRouter haben wir jeweils 2 Netze konfiguriert, ein Netzwerk für die WLAN-Brücke und eines für die Clients. Die Client-Netze haben wir dann per OSPF announced, so dass wir automatisch ein dynamisches Routing zwischen den jeweiligen Client-Netzen haben und theoretisch sogar redundante Verbindungen möglich sind. Der weitere Vorteil dieser Konfiguration ist, dass wir keinen Layer2-Traffic / Broadcast-Traffic von den Clients über die WLAN-Brücke haben, was diese entlastet. DECT haben wir hier allerdings noch nicht betrachtet, weil es in unserem Fall eher darum ging, Datenkommunikation zu ermöglichen. Aber bei VoIP-DECT Basen ist das ja auch nichts anderes.

      Fritzboxen würde ich ehrlich gesagt eher vermeiden bei sowas. Die sind relativ teuer, können aber was Routing angeht nur das absolute Minimum. Dynamisches Routing kann man mit Fritzboxen komplett vergessen. Statisches Routing können Fritzboxen, aber das ist eben auch sehr unflexibel und nervig zu konfigurieren. Als DECT-Basis könnte ich mir Fritzboxen in diesem Setup vorstellen, aber es gibt auch reine VoIP DECT Basen, die vermutlich günstiger sind, wenn man die Frtzboxen nicht irgendwo gebraucht bekommt.

      EDIT: Ich hab unsere Topologie mal eben schnell aufgezeichnet, weil sich das so schlecht textuell beschreiben lässt. Die genauen IP-Netzadressen hab ich nicht mehr im Kopf, aber etwa so sieht das aus. Dadurch dass wir dynamisches Routing nutzen, wäre z.B. auch eine weitere Verbindung von dem Router oben links zum Router oben rechts möglich, so dass beim Ausfall einer Richtfunkstrecke das Netz weiterhin funktionieren kann. Dies war aber in unserem Fall nicht relevant. Die angegebenen IP-Adressen sind jeweils die des Router-Ports.



      Richtfunk.png

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von Fusselkater ()

    • Neu

      Für was ein Szenario soll das denn sein?
      Wenn es für einen Blackout ist, wie viel Energie würde denn das System benötigen?

      Geplant hätte ich gerade genügend Energie für Die Funkgeräte, Taschenlampen, Beleuchtung und die Dieselheizung. Im Winter, müsste wohl ein Moppel aushelfen.

      Kommunikation ist wirklich wichtig, aber wie sieht es mit dem Energieverbrauch aus?
    • Neu

      Ich habs nicht von einem spezifischen Szenario abhängig gemacht, grundsätzlich wäre aber vieles denkbar. Hackerangriff, Krieg, Sabotage kritischer Infrastruktur, Naturkatastrophen, etc. Auch heute noch haben wir Dörfer, die gerne mal durch Erdrutsche, einschneien oder was auch immer von der Aussenwelt abgeschnitten sind.
      Sowas braucht halt lange Vorbereitung und ist tendenziell mehr ein weiteres Hobby nebenbei, aber grundsätzlich kann man ja mit ein paar wenigen Einheiten anfangen und dann ausbauen.
      Ne Fritzbox zieht in der Spitze 30 Watt, normalerweise etwa 10, ist also nicht die Welt und kann man mit etwas Solar und Batterie durchaus betreiben.
      Der von @Fusselkater erwähnte Nanobeam frisst sogar nur 8W spitze.

      Anwendungsbereich wäre grundsätzlich, eine Ersatzinfrastruktur zur Verfügung zu haben wenns mal knallt. Im Moment läuft halt quasi alles über eine einzige Leitung im weitesten Sinne. Abdecken kann man aber relativ viel Strecke mit relativ (!) geringem Aufwand, von daher sehe ich das durchaus als lohnenswert, dass ich mich mal weiter damit beschäftige.

      LG vom Strahlemännchen, das lieber mit Kanonen auf Spatzen schiesst als hinterher die Hosen unten zu haben
      "Lasst uns an die Stelle von Zukunftsängsten das Vordenken und Vorausplanen setzen" - Winston Churchill