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Wenn der Staat versagt - Selbsthilfe am Limit

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  • Wenn der Staat versagt - Selbsthilfe am Limit

    Hello Community,

    Ich bin in den vergangenen Tagen über die nachfolgende Reportage gestoßen.
    Die schweren Überschwemmungen in Spanien 2024 wo der Staat versagt hatte und die Provinzen und Menschen auf sich selbst gestellt
    waren haben ihre Spuren hinterlassen.



    Schaut euch die Reportage mal an über das Selbsthilfeverhalten dort.
    Viele in D denken immer bei uns macht das immer der Staat und der Katastrophenschutz. Da aber auch das Ahrtal gezeigt hat, das
    auch hier staatliche Hilfe nicht immer sofort oder teilweise nicht lange genug zu Verfügung steht und der Katastrophenschutz in D zur Zeit
    ein Rohrkrepierer bei flächendeckenden Ereignissen ist, müssen auch wir mit so etwas rechnen.

    Daher - Was denkt ihr
    • Was können wir aus den Ereignissen dort für uns mitnehmen ?
    • Wie könnten wir Selbsthilfe abseits staatlicher Strukturen und Hilfen organisieren ?
    Wer anderen hat voraus gedacht, wird jahrelang erst ausgelacht - Begreift man die Entdeckung endlich, so nennt sie jeder selbstverständlich (Wilhelm Busch)
  • Schönes Thema. Wir haben bei unserer eigenen Flut ja gesehen, was und wie es geht:

    - Helfershuttle im Ahrtal
    als Anlaufpunkt für Helfer und Betroffene, zentral organisiert. Es war eine verrückte Art Partnervermittlung

    - Ersthelfer mit großer Reichweite bei Facebook haben ihre Position genutzt, um die Hilferufe in die Breite zu
    streuen.
    Ganz wichtig waren auch immer konkrete Anfragen im Stile von: Wir brauchen Kabeltrommeln, wir brauchen
    Dixiklos, wir brauchen Statiker...

    - Ich bin kein Fan von Facebook, aber es war ein zentrales Instrument für die Organisation der Hilfe. Es gab
    viele Gruppen, in denen sich die Leute untereinander organisiert haben bei der Suche nach vermissten, nach
    Handwerkern, Notunterkünften.
    Es war alles sehr unkonventionell...eine junge Frau aus Berlin hat über Facebook mich und 8 andere zu ihren
    Großeltern nach Olef vermittelt, indem sie uns einfach die Adresse und Uhrzeit gegeben hat. Sie selber war
    gar nicht vor Ort und sie hatte mangels Kommunikationsmöglichkeit auch nicht mit ihren Großeltern
    sprechen können. Das Gesicht der beiden, als wir plötzlich mit 9 Mann da standen war Gold wert.

    - Wir hatten Kreiselsitzer und Meldereiter:
    An neuralgischen Punkten (meistens Kreisverkehr) saß ein einsamer Mensch in Warnweste und mit
    Klemmbrett, der hat innerhalb des Ortes alles organisiert und war auch Ansprechpartner für die Feuerwehr
    und so weiter. Die wusste wer wo war, was wo fehlte...
    Typen auf Motocrossmaschinen sind zwischen den Dörfern hin und her gefahren und haben per
    Zettelwirtschaft Nachrichten und Infos überbracht. In den ersten Tagen war das unsere einzige
    Möglichkeit zur Kommunikation.

    - JEDER wird gebraucht.
    Das sollte man sich bewusst machen. Wer selber nicht vor Ort anpacken kann, kann aus dem Hintergrund
    helfen: massenweise Essen kochen, Kistenweise Äfpel kaufen und einem der Aktiven vor Ort zukommen
    lassen.
    Brötchen schmieren, Kaffee kochen, Kuchen backen, Leute organisieren, versuchen, Leute mit Gespannen
    zu organisieren, Notunterkünfte suchen...

    - Postadressen für Hilfslieferungen einrichten
    und reinschreiben, was gebraucht wird. Leute von Ausserhalb können dann im Internet bestellen, bezahlen
    und in die betroffenen Gebiete schicken lassen

    - Haltet die Augen offen
    Es kann nicht schaden, hier und da mal an eine Tür zu klopfen und die Leute anzusprechen, ob sie was
    brauchen. Oft sind die Menschen so traumatisiert und überfordert, dass sie noch keine Hilfe suchen konnten.
    Die muss man ans Händchen nehmen.

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von SamFredericks ()

  • SamFredericks schrieb:

    Schönes Thema. Wir haben bei unserer eigenen Flut ja gesehen, was und wie es geht:
    JA aber die Infos sind meist sehr verschachtelt im Netz dazu - Und Infos aus erster Hand sind immer die besten !

    Daher erst einmal Danke für den interessanten Einblick in deine Erfahrungen.
    Vieles war mir bereits bekannt anderes weniger, was mich dafür um so mehr interessiert.

    SamFredericks schrieb:

    - Wir hatten Kreiselsitzer und Meldereiter:
    An neuralgischen Punkten (meistens Kreisverkehr) saß ein einsamer Mensch in Warnweste und mit
    Klemmbrett, der hat innerhalb des Ortes alles organisiert und war auch Ansprechpartner für die Feuerwehr
    und so weiter. Die wusste wer wo war, was wo fehlte...
    Wie muss ich mir das vorstellen ?
    Alles im Ort organisiert etc.... Hat sich das aus der Situation heraus ergeben oder was war der Punkt der dazu führte ?

    Ich denke halt das wenn man sich die bisherigen Ereignisse anschaut wie Ahrtal, Valencia oder Spanien, aber auch die Ereignisse wie 97 in Frankfurt Oder
    oder 2003 im Osten der Republik, dann wird man feststellen das hier meist homogene Bevölkerungsanteile sich an den Hilfsmaßnahmen beteiligen.
    Ich habe halt die Befürchtung das dies an der einen oder anderen Großstadt scheitern würde.
    Beispielsweise war die Nachbarschaftshilfe früher sehr groß. Wenn hier mal der Hinterhof unter Wasser Stand, schöpfte der ganze Wohnblock bis das Problem behoben war.
    Mit der veränderten Bevölkerungszusammensetzung der letzten 15 Jahre (viele alte gestorben, andere weg gezogen, überbordene Migration usw.) ist dies ein echtes Problem geworden. Da kümmert sich kaum mehr einer...

    Um den Kreis wieder zu schließen...
    Also würdest du aufgrund deiner Erfahrungen sagen das eine PROAKTIVE Herangehensweise an die Selbsthilfe eigentlich der Schlüssel für alles weitere ist ?
    Wer anderen hat voraus gedacht, wird jahrelang erst ausgelacht - Begreift man die Entdeckung endlich, so nennt sie jeder selbstverständlich (Wilhelm Busch)
  • Südprepper schrieb:

    SamFredericks schrieb:

    Schönes Thema. Wir haben bei unserer eigenen Flut ja gesehen, was und wie es geht:
    JA aber die Infos sind meist sehr verschachtelt im Netz dazu - Und Infos aus erster Hand sind immer die besten !
    Daher erst einmal Danke für den interessanten Einblick in deine Erfahrungen.
    Vieles war mir bereits bekannt anderes weniger, was mich dafür um so mehr interessiert.

    SamFredericks schrieb:

    - Wir hatten Kreiselsitzer und Meldereiter:
    An neuralgischen Punkten (meistens Kreisverkehr) saß ein einsamer Mensch in Warnweste und mit
    Klemmbrett, der hat innerhalb des Ortes alles organisiert und war auch Ansprechpartner für die Feuerwehr
    und so weiter. Die wusste wer wo war, was wo fehlte...
    Wie muss ich mir das vorstellen ?Alles im Ort organisiert etc.... Hat sich das aus der Situation heraus ergeben oder was war der Punkt der dazu führte ?
    Sowas organisiert sich ganz schnell von alleine:
    man braucht etwas (Radlader), kennt einen mit Motorad und fragt den, ob er mal in die Nachbarstadt fahren kann, um einen zu organisieren.
    Radladermann schickt das Moped zurück mit der zusätzlichen Info, dass Abladeplatz xy bis Sonntag frei sein muss, ob einer ne Alternative hat?
    Ja, fahr mal zu dem und dem und versuch gleichzeitig noch x, y und z zukriegen. Und bring dem was zu Essen mit, der hat kein Auto mehr...
    Und weil dann so viele Infos hin und her mussten, haben sich sehr schnell solche Infopunkte gebildet, wo dann einer vom Dorf saß und alle von A nach B geschickt hat. Derjenige wusste quasi alles, jeder, der Fragen hatte, wurde dann einfach zu dem geschickt und bekam Info/Hilfe. So entstanden die ersten Aufträge: Witwe Bolte braucht 5 Leute, die ihr den Keller freiräumen, dann wurden einfach die nächsten 5 "Joblosen" zur Witwe geschickt und haben da weiter gemacht.
    Oft waren solche Infopunkte an Stellen wie den Spendenlagern, die wahnsinnig schnell entstanden sind. Dadurch dass Spenden und Infos zusammen liefen, konnten die Ortschaften ihre Bestände abgleichen und Fehlendes austauschen.
    Bei den Essensausgaben hat man auch immer alles erfahren, was man wissen musste.

    Südprepper schrieb:

    Ich denke halt das wenn man sich die bisherigen Ereignisse anschaut wie Ahrtal, Valencia oder Spanien, aber auch die Ereignisse wie 97 in Frankfurt Oder
    oder 2003 im Osten der Republik, dann wird man feststellen das hier meist homogene Bevölkerungsanteile sich an den Hilfsmaßnahmen beteiligen.
    Ich habe halt die Befürchtung das dies an der einen oder anderen Großstadt scheitern würde.
    Beispielsweise war die Nachbarschaftshilfe früher sehr groß. Wenn hier mal der Hinterhof unter Wasser Stand, schöpfte der ganze Wohnblock bis das Problem behoben war.
    Mit der veränderten Bevölkerungszusammensetzung der letzten 15 Jahre (viele alte gestorben, andere weg gezogen, überbordene Migration usw.) ist dies ein echtes Problem geworden. Da kümmert sich kaum mehr einer...

    Um den Kreis wieder zu schließen...
    Also würdest du aufgrund deiner Erfahrungen sagen das eine PROAKTIVE Herangehensweise an die Selbsthilfe eigentlich der Schlüssel für alles weitere ist ?
    Einerseits teile ich Deine Befürchtungen, was die Großstadt betrifft, aus genau den Gründen, die Du genannt hast. Andererseits haben wir gesehen, wie die Menschen in der Krise über sich hinausgewachsen sind. man wird es abwarten müssen.

    Du wirst lachen, ich würde behaupten, es lief zu 90% reaktiv ab, denn auf sowas war keiner vorbereitet.
    ABER: damals standen in Euskirchen an jedem zweiten Haus ein Notstromaggregat. Die Moppelpopulationsdichte hat mich angenehm überrascht :D
    Hauptsächlich reaktiv hat deswegen funktioniert, weil viel Brauchbares einfach schon da war. Schlepper, kleine Trecker, Bagger,... diese Sachen sind aus anderen Gründen schon vorhanden gewesen und wurden dann in der Krise eingesetzt.
    Eine kleine Anregung um proaktiv zu sein: Kettensägen. Die braucht man als erstes beim Räumen.

    Für weitere Einblicke:
    "So was haben wir noch nicht erlebt!"

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Südprepper () aus folgendem Grund: Leeres Zitatfeld entfernt

  • Habe es jetzt endlich mal grschafft, das Video zu schauen.
    Diese Späte Warnung war ja schon ein starkes Stück. Da floss das Wasser schon durch die Strassen und dann kam erst die Warnung.

    Um das Ganze dann auch noch zu toppen, kamen offizelle Helfer erst viel später und viel zu wenig.

    Da war noch Glück im Unglück, dass aus den umliegenden Gebieten Helfer gekommen sind. Wäre die Ktastrophe großflächiger gewesen, wäre so eine Hilfe wohln nicht möglich.
    Ich denke da wirklich mit Schrecken an einen möglichen großflächigen Blackout.
  • taboe schrieb:



    Diese Späte Warnung war ja schon ein starkes Stück. Da floss das Wasser schon durch die Strassen und dann kam erst die Warnung.

    Um das Ganze dann auch noch zu toppen, kamen offizelle Helfer erst viel später und viel zu wenig.
    Was die späte Warnung angeht, muss ich die Oberen ein bischen in Schutz nehmen, an dem Mittwoch hat es hier den ganzen Tag nur geregnet und geregnet, ziemlich krass, sah aber ok aus. Und irgendwann gegen 16 Uhr kam das Wasser dann schlagartig innerhalb weniger Minuten von allen Seiten, als hätte jemand den Schalter umgelegt und die Schleusen geöffnet. Da konnte man gar nicht mehr drauf reagieren.

    Auch die ganzen Helfer kamen ja nicht mehr durch zu uns, weil Strassen unterspühlt und weggebrochen, Brücke weg, alles mit Trümmern und kaputten Autos blockiert, an den Folgetagen alles verstopft mit Einsatzfahrzeugen und Schleppergespannen.
    Am Tag danach ist meine Stallkollegin anderthalb Stunden gefahren um 8 km weit zu kommen. Sie hat ihr Ziel nicht erreicht und ist wieder nach Hause gefahren.
    In der ersten Woche musste ich in ein benachbartes Dorf, knapp 20 km entfernt. Ich bin 86km gefahren und war 3 Stunden unterwegs, am Schluß sogar auf Feldwegen. Wohl dem, der topografische Wanderkarten im Auto hat.
    So war das mit einem PKW. Einsatzfahrzeuge hatten es da nosch schwerer.
  • Genau. Ich denke hier muss man klar Unterscheiden zwischen zwei verschiedenen Szenarien.

    Einmal eine "Flutkatastrophe" (oder auch ein Erdbeben, sonstwas). Hier ist ein (wenn auch großer) Landstrich betroffen. Aber "außerhalb" funktioniert noch alles. Hier denke ich, dass "Selbsthilfe" der Bevölkerung (die nicht betroffen ist!) gut funktioniert.

    Hier ist es dann spannend: wie lange braucht es, bis diese Hilfe vordringen kann. Zugangswege, ...

    Anders sieht es aus, wenn es kein so klar umgrenztes Gebiet gibt oder das Gebiet einfach zu groß ist um es so schnell zu durchdringen. Ab einer gewissen Größe wird es dann vermutlich schwer. Wenn man "von Außen" nicht in absehbarer Zeit organisierte Hilfe reinbringen kann gehe ich davon aus, dass es sehr schnell eskalieren wird. Wenn klar ist, dass die Ressourcen begrenzt sind - und unklar ist wie lange dieser Zustand anhält. Das ist meines Erachtens das Ende der "organisierten Selbsthilfe". Da geht es dann in "Selbsterhalt" über.